Streitschlichter*innen und Buddys
„Nicht jene, die streiten, sind zu fürchten, sondern jene, die ausweichen.“
Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach
Ob in der Schule, zu Hause oder unter Freunden – Konflikte sind alltäglich und Teil unserer Lebenswelt. Die Kunst ist es jedoch zu lernen, richtig zu streiten und Konflikte konstruktiv zu lösen. Konflikte konstruktiv zu lösen und somit den Blickwinkel von ihrem zerstörerischen Potential hin zu den positiven Möglichkeiten des Austauschs, des Erlernens von sozialer Kompetenz und der Schaffung von Win-Win-Situationen zu lenken, haben wir uns zur Aufgabe gemacht. In einer multikulturellen, pluralen Gesellschaft, die ebenfalls nicht frei von Konflikten ist, sind diese Kompetenzen besonders hervorzuheben und Konfliktfähigkeit, die den offenen Meinungsaustausch miteinschließt, ein Schlüssel zur Sicherung der Demokratie.
Somit leistet die Streitschlichterarbeit sowohl einen enormen Beitrag zur Gewaltprävention, Demokratisierung und Partizipation an unserer Schule als auch zur Identifikation der Schüler*innen mit unserer Schule, indem Schüler*innen im Laufe einer zweijährigen Ausbildung dazu befähigt werden, als Mediatoren Streitigkeiten auf Schüler*innenebene eigenverantwortlich zu schlichten, Wege gewaltfreier Kommunikation aufzuzeigen und soziale Schlüsselkompetenzen, wie z.B. Toleranz, Respekt und Empathie erwerben.
Wie uns das genau gelingt, erfahren Sie auf den folgenden Seiten.
Das Leitbild unserer Schule findet daher in folgenden Leitsätzen im Bereich der Streitschlichtung seine Umsetzung:
Leitsatz 1 - Erziehung: Werte leben
Wir begleiten und unterstützen jeden Einzelnen in gegenseitigem Respekt auf seinem Weg zu einer selbstbestimmten Persönlichkeit als verantwortungsvolles Mitglied der Gesellschaft.
Leitsatz 3 - Gemeinschaft: Vielfalt als Chance
Wir stärken und fordern den Einzelnen durch vielseitige fachliche und soziale Bildung.
Leitsatz 6 - Leben in der Schule: Das Leibniz
Wir leben Schule als Lern- und Erfahrungsort im aktiven Miteinander von Schülerschaft, Eltern und Lehrkräften.
Das Leibniz-Gymnasium leistet hierzu mit dem Buddy- und Schlichter*innenkonzept seit dem Schuljahr 1996/97 einen wichtigen Beitrag. Seitdem wird jährlich eine motivierte Gruppe von Schüler*innen am Ende der Jahrgangsstufe 8 zu Streitschlichter*innen ausgebildet. Diese stehen den neu eingeschulten Klassen 5 in Kleinteams für zwei Jahre in Sachen Eingewöhnung, Umgang mit Konflikten und bei der Entwicklung einer starken Klassengemeinschaft intensiv zur Seite. Grundsätzlich stehen allen Schüler*innen die Angebote des Streitschlichter*innenprogramms und die Gesprächsangebote der Beratungslehrer*innen offen.
Für eine starke Schulgemeinschaft ist es unerlässlich, Absprachen gemeinsam zu vereinbaren, wie wir miteinander umgehen wollen. Daher leben wir im Rahmen der Erziehung unserer Schülerinnen und Schüler aktiv Werte vor und geben diese auch weiter. Folgende Vereinbarungen sind uns als Team für die Streitschlichterarbeit besonders wichtig.
- Wir gehen rücksichts- und respektvoll miteinander um.
- Wir legen Wert auf eine achtsame, respektvolle Gesprächskultur.
- Wir unterstützen die Schüler/innen in der Entwicklung einer verantwortungsvollen, selbstbestimmten und gesunden Lebensführung.
- Wir vermitteln einen verantwortungsbewussten Umgang mit Medien aller Art.
Dem Streitschlichter-Team, das sich aus sechs Lehrkräften (Frau Baumgarten, Herr Hildebrand, Frau Honoré-Nielsen, Herr Mancini-Ramirez, Herr Pischetsrieder, Frau Schindler) zusammensetzt, arbeitet eng mit den Klassenleitungen der Klassen 5 und 6 zusammen. Sie stehen in einem regelmäßigen kollegialen Austausch, der auch zur Evaluation der Projekte und der Streitschlichter*innenarbeit generell genutzt wird.
Grundsätzlich werden alle Lehrkräfte und Schüler*innen für den Gebrauch einer friedfertigen Sprache sensibilisiert und dazu angehalten, auf die Einhaltung und Umsetzung der gemeinschaftlich eingeführten Klassen- und Gesprächsregeln zu achten.
Das Leibniz-Gymnasium soll nicht nur ein vielfältiger und motivierender Lernort, sondern auch ein inspirierender Erfahrungsort sein, der in der Streitschlichter*innenarbeit besondere Beachtung erfährt.
Die Ausbildung findet in Form einer Arbeitsgemeinschaft nachmittags im Schulgebäude des Leibniz-Gymnasiums statt. Zu Beginn der Jahrgangsstufe 9 ist ein dreitägiges Trainingsseminar außerhalb der Schule vorgesehen. Hier sollen u.a. Freiräume geschaffen werden, die es den angehenden Streitschlichter*innen ermöglichen, ihre individuellen Kompetenzen wahrzunehmen, zu präsentieren, zu entfalten und auszubauen.
Eine Reihe von Teambildungsmaßnahmen, die zu Beginn der Streitschlichter*innenausbildung zunächst in einer Arbeitsgemeinschaft am Nachmittag und zu Beginn der Klasse 9 dann in einem dreitägigen Trainingsseminar in Oer-Erkenschwick vertieft stattfinden, tragen dazu bei, dass Vielfalt als Chance begriffen wird und die Streitschlichter zu einer Gemeinschaft, einem Team, das sich vertraut und wertschätzt, zusammenwachsen. Unsere Vorgehensweise wird dabei durch die folgenden beiden Sätze prägnant beschrieben.
- Wir ermutigen unsere Schülerinnen und Schüler, individuelle Kompetenzen auszubauen.
- Wir bilden Schülerinnen und Schüler zur selbstständigen und eigenverantwortlichen Anwendung geeigneter Konfliktlösungsstrategien aus.
Die Streitschlichter*innen werden sich innerhalb der Ausbildungszeit ihrer eigenen Vorbildfunktion und Wirksamkeit immer bewusster. Denn sie geben ihre Erfahrungen und Kompetenzen z.B. in Form von Projekten an die jüngeren Schüler*innen weiter und fungieren so als Multiplikatoren für unsere Arbeit.
Insgesamt führen die Streitschlichter*innen drei Projekte in zwei Jahren durch. Das erste Projekt hat die Einführung in das Schlichtungsverfahren zum Inhalt, das zweite Projekt –„Wir sind eine starke Gemeinschaft“ – hat zum Ziel, den Zusammenhalt in den Klassen zu fördern. Diese beiden Projekte werden in der Klasse 5 angeboten.
In einem Projekt in der Jahrgangsstufe 6 steht die Prävention von (Cyber-)Mobbing im Mittelpunkt. In diesem Bereich werden die Schüler*innen besonders im Umgang mit neuen Medien, deren Nutzung, aber auch in Bezug auf die rechtlichen Konsequenzen geschult.
In den Jahrgangsstufen 7 – 9 stehen erfahrene Schlichter*innen als Mediator*innen zur Verfügung. Ab der EF übernehmen die Beratungslehrer*innen (Frau Boer, Herr Hildebrand, Herr Dr. Hoffmann, Frau Honoré-Nielsen) diese Aufgabe.
Die Streitschlichter*innenarbeit trägt auf diese Weise wesentlich zur Gestaltung des Schullebens bei, indem besonders der Teamgeist, das Einstehen für die Gemeinschaft und die Weitergabe von Wertschätzung gegenüber den Mitschülerinnen und Mitschülern zu einer Verbesserung der Klassengemeinschaft führt und sich so insgesamt positiv auf das Schulklima auswirkt.
Die Zielsetzung der Arbeit der Streitschlichtung lässt sich im Bereich des Leitbilds „Schule“ wie folgt festhalten.
- Wir arbeiten kontinuierlich an einem positiven Schulklima.
- Wir stärken unsere Identität als Mitglieder der Schulgemeinschaft.
- Wir leben in der Schulgemeinschaft einen respektvollen Umgang miteinander.
- Wir schaffen Anlässe für klassenübergreifendes Miteinander zur Stärkung des Wir-Gefühls.
- Wir gestalten als Schulgemeinschaft das Lebensumfeld unserer Schule.
- Wir geben Klassen Raum und Zeit für die Lösung ihrer Konflikte.
Im Laufe der Ausbildung erwerben die Streitschlichter*innen nicht nur ein vertieftes Wissen im Bereich der Mediation, sondern auch Einblicke in ihre eigene Persönlichkeitsstruktur. Die Streitschlichter*innen nehmen darüber hinaus an Elternabenden zu wechselnden Themen (WhatsApp, Cybermobbing, PC-Spiele, Sucht etc.) teil und ermöglichen es so, dass die Elternschaft Einblicke in das Schulleben, die Schüler*innenperspektive und mögliche Gefahren erhält.
Die zweijährige Ausbildung endet mit einem Zertifikat über die erfolgreiche Teilnahme an der Weiterbildung, das einen Überblick über die erworbenen Kompetenzen und die durchgeführten Projekte enthält und bei Bewerbungen dienlich sein soll.
Inzwischen ist das Konzept Bestandteil des Schulprogramms und wird vom Verein der Förderer des Leibniz-Gymnasiums finanziell zum großen Teil getragen. Eine regelmäßige Fort- und Weiterbildung des Teams ermöglicht eine Evaluation der Arbeit.